Digitales Zukunftsszenario für das Gesundheitswesen

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Die zielgerichtete Digitalisierung des Gesundheitswesens ist die große Chance zur Realisierung eines auf das Patientenwohl ausgerichteten Gesundheitssystems. Die Medizingeschichte der vergangenen 100 Jahre ist eine Erfolgsgeschichte, gleichzeitig aber auch Ursache potentiell zunehmender Kostenkontrolle bzw. Einschränkungen.

Das Konzept unserer westlichen Gesundheitssysteme ist nicht auf Prävention, sondern primär auf akute und ansteckende Krankheiten ausgerichtet, worauf 97% aller aufgewendeten Gesunheitskosten entfallen; auf vorbeugende Maßnahmen sind es lediglich 3%. Das ist fatal insbesondere angesichts der pandemieähnlichen Verbreitung zivilisationsbedingter, nicht-übertragbarer Erkrankungen (NCD; non-communicable diseases), die meist vermeidbar sind. Laut RKI sind nicht-übertragbare Erkrankungen heute die Haupttodesursache weltweit. Krebs, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und Atemwegserkrankungen machen alleine über 80% aller NCD-bedingten Todesfälle aus.

Die oft vermeidbaren Risikofaktoren für NCD sind Rauchen, mangelnde körperliche Bewegung, schädlicher Alkoholkonsum und ungesunde Ernährung. Eine erfolgreiche Prävention sollte auf einem bevölkerungsbasierten Gesundheitsmonitoring und der validen Analyse gesundheitsbezogener Daten aufbauen. (Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Institut/Internationales/NCD/NCD_node.html)

Quelle: Fleisch, Franz, Herrmann, Mönninghoff: Die Digitale Pille. Eine Reise in die Zukunft unseres Gesundheitssystems. Campus, 2021, S.13

Im überaus informativen Buch „Die digitale Pille“ stellen die Autoren Chancen und Perspektiven eines digitalen Gesundheitssystems fachkundig und überzeugend dar. Hier in Auszügen einige ihrer Kernaussagen:

Die Digitalisierung ist für die Medizin von morgen aus drei Gründen entscheidend:

  • wegen der demographischen Entwicklung,
  • der daraus resultierenden NCD-Epidemie
    (insbesondere Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, psychische Erkrankungen, Demenz)
  • und den damit verbundenen stark steigenden Gesundheitskosten.

Die fünf Pfeiler des Gesundheitssystems von morgen:

  1. Patientenorientierung
  2. Datenorientierung
  3. Präzisionsorientierung
  4. Ergebnisorientierung
  5. Versorgungsorientierung.

Die Konsequenzen:

  • eine neue Rollenverteilung, in der die Patienten aktiviert und in die Pflicht genommen werden
  • die Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten mit einer entsprechenden Infrastruktur, Stichwort: Datenspenden
  • personalisierte Therapien
  • Kostentransparenz und ergebnisorientierte Vergütung
  • Stärkung der Prävention durch Steigerung der individuellen Gesundheitskompetenz

Diese wurzeln in sechs Maßnahmenbereichen:

  1. Do-it-yourself-Medizin
  2. Digitale Patienten-Arzt-Beziehung
  3. Digitale Therapien
  4. Digitale Gesundheitsdaten & Datensicherheit
  5. Ergebnisorientierte Medizin
  6. Digitale Medikamentenentwicklung

Fünf entscheidende Hebel:

  • Förderung der Verhaltensänderung der Bevölkerung
  • Verbesserung der Effizienz, konkret: Vermeidung von Verschwendung
  • Demokratisierung der Medizin, d.h. größere Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von Ärzten
  • Verbesserung der Versorungsqualität,
  • Beschleunigung der medizinischen Forschung.
 

Interessante Insights
Das Medizinwissen explodiert buchstäblich. Es gibt immer mehr vertiefendes Wissen z.B. zu den Zusammenhängen einzelner Erkrankungsvarianten und deren Therapieansätzen. Konkret bedeutet das, dass dem einzelnen Patienten in seiner individuellen Erkrankungssituation im Prinzip eine optimierte Therapie zur Verfügung steht – wenn sein behandelnder Arzt diese kennt. Angesichts der sich immer weiter verzweigenden Wissensdisziplinen hängt es nun davon ab, ob der Arzt Zugang zu dem individualisierten, auf die Situation seines einzelnen Patienten zugeschnittenen explodierenden Medizinwissens hat.
Zur Orientierung: Das medizinische Wissens hat sich in den 1950er Jahren innerhalb von 50 Jahren verdoppelt, heute verdoppelt es sich alle 70 Tage.

Die Kosten eines zugelassenen Medikaments erhöhen sich exorbitant. In den 1970er Jahren kostete die Entwicklung eines Medikamentes durchschnittlich ca. $ 179 Mio, innerhalb von 10 Jahren haben sich diese Kosten verdoppelt. Heute liegen sie von der In-vitro-Evaluierung bis zur Zulassung bei rd. $ 2,5 Mrd.
Die Nutzung von Gesundheitsdatenbanken, Algorithmen und die Anwendung von KI könnte die medizinische Forschung beschleunigen und gleichzeitig die Forschungskosten reduzieren.

Mein Fazit:
Eine bezahlbare Patienten orientierte Gesundheitsversorgung ist ohne Digitalisierung nicht möglich. Im Verbund der aufgezeigten Möglichkeiten bestehen enorme Chancen zur Prävention und akuten Behandlung von NCD-Erkrankungen. Mit ein wesentliches Element ist dabei die Aktivierung der Patientenrolle sowie die Veränderung des ärztlichen Selbstverständnisses. Dabei wird es eine nachhaltige Rolle spielen, wie schnell es gelingt, die Nutzung digitaler Behandlungskonzept in die Gewohnheit sowohl von Arzt und Patient zu überführen.

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