„The Science of Persuasion.“ Methoden des Überzeugens

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Wenn wir uns auf das Ansinnen Anderer einlassen, dann ist es zwar unsere Entscheidung. Aber neben unserer eigenen Abwägung wirken im Hintergrund ganz bestimmte Hebel kräftig mit. Das passiert nicht zufällig, denn es gibt sechs tief verankerte Auslöser, auf die wir Menschen gerne reagieren und die oft gezielt eingesetzt werden.

Diese sechs allgemeingültigen Grundprinzipien des Überzeugens wurden vom US-amerikanischen Psychologen Robert B. Cialdini empirisch erforscht  und Mitte der 1980er Jahre veröffentlicht. Sie gelten heute als Leitkriterien erfolgreicher Überzeugungsarbeit.

Hilfreich ist die Kenntnis dieser sechs Prinzipien nicht nur, wenn man sich in der aktiven Position desjenigen befindet, der Andere überzeugen will. Auch in unserer passiven Rolle, in einer an Informationen und medialen Impulsen überladenen Welt, kann es nützlich sein, sich dessen bewußt zu werden, mit welchen Hebeln jemand gerade versucht, uns von etwas zu überzeugen.

Auch bei stark rational geprägten oder von Evidenzkriterien geleiteten Entscheidern, wie Ärzten, Wissenschaftlern oder Finanzleuten, sind es bekanntlich eben nicht die rein faktenbasierten Argumente oder Aspekte, die letzten Endes Einfluss auf Entscheidungen haben.

1. Gegenseitigkeit (»Reciprocity«)

Eine der am stärksten verbreiteten Normen der menschlichen Kultur. Diese Regel besagt, dass Menschen versuchen sollen, sich für das, was sie von anderen bekommen, zu revanchieren.

Das durch diese Regel vermittelte Gefühl, etwas schuldig zu bleiben, wenn man etwas bekommen hat, ist die Grundlage für verschiedene Formen des menschlichen Miteinanders, die auf einem ausgeglichenen Verhältnis von Geben und Nehmen beruhen und die allesamt sehr nützlich für die Gesamtgemeinschaft sind.

Eine häufig eingesetzte Taktik besteht darin, etwas zu geben, ehe sie um eine Gegenleistung bitten. Die Wirksamkeit dieser Taktik beruht auf drei Merkmalen der Reziprozitätsregel:

  1. Die Regel an sich ist extrem effektiv und schaltet oft den Einfluss anderer Faktoren aus.
  2. Sie wirkt auch bei ungebetenen ersten Gefälligkeiten.
  3. Führt nicht selten zum Austausch ungleicher Gefälligkeiten.

Eine Variation der Regel wirkt in gleicher Weise: Durch Zugeständnisse kann man andere dazu bringen, ihrerseits ebenfalls Zugeständnisse zu machen (Neu-Verhandeln-nach-Rückweisung-Taktik). Mit einer Extremforderung zu beginnen, die mit Sicherheit abgelehnt wird, schafft günstige Voraussetzungen dafür, eine geringere Forderung nachschieben zu können, die dann mit hoher Wahrscheinlichkeit akzeptiert wird, weil sie als Zugeständnis erscheint.

2. Knappheit (»Scarcity«)
Menschen messen Gelegenheiten einen höheren Wert bei, die weniger erreichbar sind (Taktik der kleinen Menge, Fristentaktik). Dieses Prinzip basiert auf zwei Mechanismen:
  1. Dinge, die schwerer zu bekommen sind, sind meist auch wertvoller, wodurch die Verfügbarkeit einer Sache als Hilfe zur Einschätzung ihrer Qualität dienen kann.
  2. Die zunehmende Unerreichbarkeit einer Sache bedeutet einen Verlust an Freiheit. Nach der Reaktanztheorie reagieren wir auf den Verlust auf Freiheit damit, dass wir sie mehr haben wollen als zuvor.
Als Motivationsfaktor spielt Reaktanz über die gesamte Lebensspanne eine Rolle, besonders aber in der Trotzphase im Kleinkindalter und in der Pubertät. Das hier aufkommende Individualitätsgefühl lässt Themen wie Kontrolle, Rechte und Freiheiten wichtig werden und lässt besonders empfindlich auf Einschränkungen reagieren.
 
Stärkere Überzeugungskraft schwer erhältlicher Informationen:
Das Knappheitsprinzip spielt auch bei der Bewertung von Informationen eine große Rolle. Die Begrenzung des Zugangs zu bestimmten Informationen führt dazu, dass man diese umso mehr haben will und umso stärker bereit ist, sie zu berücksichtigen.
 
Das Knappheitsprinzip ist unter zwei Bedingungen besonders wirksam:
  • Dinge werden als wertvoller eingeschätzt, die erst neuerdings knapp geworden sind, als solche, die schon immer knapp waren.
  • Knappe Ressourcen sind für uns verlockender, wenn wir mit anderen um sie in Konkurrenz treten müssen.
3. Autorität (»Authority«)
In unserer Gesellschaft besteht ein starker Druck, sich den Anweisungen von Autoritäten zu beugen. Es ist die Folge systematischer Sozialisationsmechanismen, mittels derer den Mitgliedern unserer Gesellschaft eingeimpft wird, sich legitimen Autoritäten zu fügen.
 
Oft ist es sinnvoll, den Direktiven echter Autoritäten zu folgen, da diese oft über mehr Wissen, Erfahrung und Macht verfügen. Eine unreflektierte Autoritätshörigkeit kann insofern auch als Möglichkeit dienen, sich die Entscheidungsfindung zu vereinfachen.
 
Die automatische Autoritätshörigkeit geht mit einer Tendenz einher, auf bloße Symbole zu reagieren, anstatt auf eigentliche Autorität. Drei verschiedene Arte von Symbolen haben sich als besonders effektiv erwiesen:
  • Titel
  • Kleidung
  • Auto
Aus Studien weiß man, dass Menschen eine starke Tendenz haben, den Einfluss von Autoritäten auf das eigene Verhalten zu unterschätzen.
 
4. Konsistenz (»Consistency«)
Die meisten Menschen haben ein Bedürfnis, in ihren Worten, Überzeugungen und Taten konsistent zu sein und zu erscheinen, weil
  • diesem Verhalten von der Gesellschaft ein hoher Wert beigemessen wird,
  • es sich in der Praxis meistens gut bewährt hat,
  • es den Umgang mit der Komplexität des modernen Lebens erleichtert.
Indem man in Einklang mit früheren Entscheidungen handelt, entledigt man sich der Notwendigkeit, stets alle relevanten Informationen zu prüfen. Stattdessen braucht man sich nur an die einmal getroffene Entscheidung zu erinnern und in Einklang mit ihr konsistent zu reagieren.
 
Hat man einmal einen Standpunkt bezogen (sich festgelegt), so ist man eher bereit, Bitten oder Aufforderungen nachzukommen, die mit diesem Standpunkt in Einklang stehen. Überzeugungsprofis bringen andere dazu, erst einmal eine bestimmte Position einzunehmen, die dann mit einem Verhalten konsistent ist, das sie später von ihnen erbeten werden.
 
Einmal getroffene Entscheidungen (auch falsche) tendieren dazu, sich selbst aufrechtzuerhalten, weil man oft neue Gründe und Rechtfertigungen für die getroffenen Entscheidungen sucht und findet. Das kann dazu führen, dass commitments fortbestehen, selbst wenn die Bedingungen, die sie herbeigeführt haben, längst nicht mehr bestehen.
 
5. Sympathie (»Liking«)
Menschen haben eine viel höhere Bereitschaft, sich von jemandem überzeugen zu lassen, den sie kennen und sympathisch finden. Man nutzt dieses Prinzip auch, indem man verschiedene Faktoren in den Vordergrund stellt, um die eigene Attraktivität und Beliebtheit bei dem Gegenüber zu steigern, z.B.
 
  • Körperliche Attraktivität: 
    Die äußere Schönheit bringt Vorteile in sozialen Interaktionen und „färbt ab“ auf den Eindruck, den das Gegenüber von anderen Persönlichkeitseigenschaften wie Begabung, Freundlichkeit und Intelligenz hat.
  • Lob und Anerkennung: 
    Komplimente fördern die Sympathie und damit auch die Bereitschaft, zu tun, was jemand von einem verlangt.
  • Vertrautheit durch wiederholte (positive) Kontakte:
    Ein besonders effektiver positiver Kontakt ist die erfolgreiche gemeinsame Kooperation
  • Assoziation: 
    Man stellt eine Verbindung zwischen sich selbst oder den eigenen Produkten und einer positiven Sache her
6. Soziale Bewährtheit (»Social Proof«)
Menschen, die in einer gegebenen Situation entscheiden wollen, was sie tun oder glauben sollen, neigen dazu, sich anzuschauen, was andere Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, glauben oder tun.
Das Prinzip wirkt, indem man einer Person, die man zum Befolgen einer Bitte oder Aufforderung bringen möchte, gleichzeitig die Information gibt, dass viele andere Personen (je mehr, umso besser) bereits getan haben, was man von ihr erwartet. Das Prinzip ist besonders einflussreich unter zwei Bedingungen:
  • Unsicherheit:
    Wenn eine Person unsicher oder die Situation mehrdeutig ist, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie die Aufmerksamkeit auf die Handlungen anderer richtet und deren Verhalten als das richtige ansieht.
  • Ähnlichkeit:
    Man neigt eher dazu, es jemandem gleichzutun, der einem ähnlich ist.

*) Literatur: R.B. Cialdini, Die Psychologie des Überzeugens, Huber Verlag, Bern, 4. Auflage 2006

 

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